Tabakhändler David Gutnik

18. November 1941
Am Brill 18, Bremen-Mitte

David Gutnik wurde am 15. Februar 1873 als Sohn von Abraham Gutnik und seiner Frau Sara, geb. Wachowsky, in Tschernobyl geboren. Von 1908 bis 1925 wohnte er in Bremen in der Admiralstraße 155. Von 1913 bis 1921 war er als „Zigarettenfabrikant“ tätig. 1912 heiratete er in zweiter Ehe die 1887 in Minsk geborene Henriette Scheflian; 1913 wurde die Tochter Anna Sophia geboren. Nach kurzer Zeit verließ Henriette mit der Tochter Bremen und die Ehe wurde 1914 durch Beschluss der Zivilabteilung des Bezirksgerichts Kalisch in Polen „aufgelöst“.

1915 wurde David Gutnik Vater einer nichtehelich geborenen Tochter, Dorothee Witt­kopf, für die er die Vaterschaft anerkannte und Alimente zahlte. 1926 zog David Gutnik nach Berlin. Nach Bremen zurückgekehrt, war er von 1928 bis zum 1. September 1939 im Hause Am Brill 18 gemeldet. 1928 meldete er ein Gewerbe als „Handel mit Tabakwaren“ an. 1933 mel­dete er dies Gewerbe wieder ab und wurde danach in der Einwohnermeldekartei als „Arbeiter“ geführt. Ab 1. September 1939 musste er zwangsweise in das im Schnoor gelegene Haus Hinter der Balge 10 umziehen. Die Israelitische Gemeinde Bremen hatte dies Haus zwar verkaufen müssen, konnte es aber zur Unterbringung von Gemeindemitgliedern weiterhin nutzen.

Am 18. November 1941 wurde David Gutnik zusammen mit 570 anderen Ju­den aus Norddeutschland von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Von diesen De­portierten sind nur sechs zurückgekehrt; alle anderen – so auch David Gutnik – wurden ermordet. Sie starben entweder im Winter 1941/42 an Kälte und Hunger oder fielen ei­ner der im Juli 1942 einsetzenden Massenerschießungen zum Opfer.

Als Dorothee Wittkopf, David Gutniks nichteheliche Tochter, 1951 wegen des Todes ih­res Vaters eine Entschädigung beantragte, erwähnte sie zur Begründung ihres Antrags auch, dass sie, als sie im Mai 1942 heiraten wollte, von der Gestapo in Hamburg als „Mi­schling 1. Grades“ („Halbjüdin“) eingestuft und mit einem Heiratsverbot belegt worden wäre. Das Landesamt für Wiedergutmachung argumentierte dagegen bei der Ableh­nung des Antrags (u. a.) damit, dass Entschädigungsansprüche schon deshalb ausge­schlossen wären, weil die Antragstellerin als „uneheliches Kind“ nach § 1589 Abs. 2 BGB [in der damals noch geltenden Fassung] als „nicht mit ihrem Vater verwandt“ gälte. Der durch die Anwendung der rassistischen „Nürnberger Gesetze“ tatsächlich entstandene Schaden wurde nach dieser Argumentation unter Zuhilfenahme einer familienrechtli­chen Fiktion als nicht existent betrachtet – eine für die damalige Zeit wohl nicht untypi­sche Denkweise.

Verfasser: Dr. Klaus Eissing/Michael Cochu (Stolpersteine Initiative, 2015)

Informationsquellen: StA Bremen 4,54-E4836, Einwohnermeldekartei

Veröffentlicht am und aktualisiert am 2. August 2025

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