Die BREMER NACHRICHTEN gleichgeschaltet

Hans Hackmack_Quelle: BremerNachrichten
Lizenzvergabe 1945_Quelle: BremerNachrichten
13. Juli 1936
Zweite Schlachthofpforte, Bremen

Anfang 2018 feierte die Zeitung BREMER NACHRICHTEN ihre 275 Jahre alte Tradition als eine der ältesten, heute noch erscheinenden Zeitungen in Deutschland. Ein Grund zum Feiern, der u.a. mit einer 32-seitigen Sonderausgabe begangen wurde. Die Herausgeber der heutigen BREMER NACHRICHTEN / WESER KURIER sparen in dieser Sonderausgabe das dunkle Kapitel ihrer Geschichte nicht aus: Die Zeitung erschien auch in der Zeit von 1933 – 1945, als die Nationalsozialisten die Presse gleichgeschaltet hatten.

Gleich nach ihrer Machtübernahme verlangten die neuen Machthaber die Eingliederung sämtlicher Verleger in den „Reichsverband der Deutschen Zeitungsverleger“. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen für eine zentrale Lenkung aller Zeitungen durch das Reichspropagandaministerium in Berlin. Für Bremen bedeutete dies die Unterordnung unter die NSDAP-Gauleitung Weser-Ems in Oldenburg. Hier herrschte Carl Röver und mit ihm sein Gaupropagandaleiter Ernst Schulze. In Bremen verbreitete die NSDAP ihre parteieigene „Bremer Nationalsozialistische Zeitung“.

Die BREMER NACHRICHTEN war seit 1870 in Besitz der Druckerei Carl Schünemann. Diese wiederum gehörte 1933 den beiden Brüdern Walter und Carl Schünemann. Gemeinsam wurden sie mit einem Schreiben vom 13. Juli 1936 durch die Reichspressestelle aus der Reichspressekammer ausgeschlossen. Die beiden wurden verpflichtet, 51 % ihrer Anteile an die Nationalsozialisten zu verkaufen. Diese waren nun auch verantwortlich für die Inhalte der weiter erscheinenden BREMER NACHRICHTEN. Allerdings musste ihr Druck zum 1. September 1944 eingestellt werden, da sowohl Papier als auch Fachpersonal fehlte. Zu diesem Zeitpunkt erschien in Bremen nur noch die „Bremer Nationalsozialistische Zeitung“, auch diese allerdings in geringerem Umfang.

Nach der Befreiung Ende April 1945 durch die britischen Truppen wurde Bremen ab 5. Juni 1945 zu einer US-amerikanischen Enklave. Die Amerikaner erteilten im September 1945 nur dem sozialdemokratischen Journalisten Hans Hackmack, der seit 1933 von einem Berufsverbot durch die Nazis betroffen war, die Lizenz zur Herausgabe einer Tageszeitung, die als WESER KURIER bezeichnet wurde (siehe Bilder). Sie wurde wiederum auf den Anlagen der Fa. Schünemann gedruckt. Die von den Nazis gleichgeschaltete BREMER NACHRICHTEN erhielt jedoch keine Lizenz. Erst am 8. September 1949, als der Lizenzzwang zur Herausgabe von Zeitungen aufgehoben wurde, erschien auch wieder die „Bremer Nachrichten“, herausgegeben vom Schünemann Verlag. Die Zeitung stand damit in Konkurrenz zum WESER KURIER, die von ihren Lizenzträgern Hackmack und Felix von Eckhard herausgegeben wurde.
Anlässlich der Nürnberger Prozesse erschien bereits am 24. November 1945 eine Sonderseite im WESER KURIER. Felix von Eckhard, Leiter des politischen Ressorts, schreibt darin unter der Überschrift „Das Weltgericht in Nürnberg“ als Kommentar „Durch nichts wird Deutschland völliger politischer und moralischer Zusammenbruch eindringlicher kommentiert, als durch den Nürnberger Prozeß.“

In ihrem Entnazifizierungsverfahren wurden 1949 Walter Schünemann  als „nicht betroffen“, sein Bruder Carl als „Entlasteter“ eingestuft.

1974 einigten sich die Verleger beider Zeitungen auf eine Übernahme der BREMER NACHRICHTEN durch den Verlag Weser-Kurier-GmbH.

Quelle: Sonderausgabe „275 Jahre Bremer Nachrichten“ vom 7. Januar 2018

Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. November 2022

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