Georg Ferdinand Duckwitz rettet tausende dänische Juden das Leben

28. September 1943
Botschafter Duckwitz Platz 1, Bremen

Georg Ferdinand Duckwitz wurde am 29. September 1904 in Bremen als Sohn einer alteingesessenen Bremer Kaufmannsfamilie geboren und ist der Urenkel des Bremer Kaufmanns und Bürgermeisters Arnold Duckwitz. Duckwitz war Mitglied eines Freikorps, studierte Nationalökonomie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg und schloss sich dem dortigen schlagenden Corps Rhenania Freiburg an. Nach dem Abbruch des Studiums trat er in den Dienst von Kaffee Hag ein und ging für das Unternehmen als Niederlassungsleiter nach Kopenhagen.
Er war von den Ideen Adolf Hitlers begeistert und wurde schon 1932 Mitglied der NSDAP. Kurzum – seine NS-Karriere war vorprogrammiert. Doch nach dem Röhm-Putsch 1934 begann bei Duckwitz ein Umdenken. Er distanzierte sich innerlich von der Partei, ohne allerdings auszutreten. Am 1. Juli 1933 begann Duckwitz seinen Dienst im neu geschaffenen Außenpolitischen Amt in Berlin (APA), der außenpolitischen Abteilung der Partei.

Bereits im Juni 1935 quittierte Duckwitz den Dienst. Er schrieb an den Leiter des APA, Alfred Rosenberg: „Meine nunmehr zweijährige Tätigkeit in der Reichsleitung der N.S.D.A.P. hat mich erkennen lassen, dass ich mich im Wesen und in der Zielsetzung der nationalsozialistischen Bewegung so grundlegend getäuscht habe, dass ich als mir selbst gegenüber ehrlicher Mensch nicht mehr in der Lage bin, innerhalb dieser Bewegung zu arbeiten.“ Da Rosenberg Duckwitz mochte, blieb der Brief folgenlos. 1939 ging er zum Reichsverkehrsministerium und gelangte durch die massive Fürsprache von Admiral Canaris als Schiffssachverständiger nach Kopenhagen. 1941 wechselte er in das Auswärtige Amt.

Seit 1941 hatte Duckwitz nicht nur Kontakte zum Kreis um Goerdeler und den Widerständlern des 20. Juli 1944, er war ihr wichtigster Vertreter in Skandinavien. Er war sich der Gefahr für sich und seine Frau bewusst. Nach dem 20. Juli 1944 trugen beide ständig Zyankalipillen mit sich. So befahl Otto Bovensiepen (Dänemarks Leiter der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Standartenführer und Oberst der Polizei), kurz vor Ende des Krieges die Erschießung von Duckwitz und seiner Frau. Beide konnten glücklicherweise rechtzeitig untertauchen. Am 28. September 1943, also am Tag des Jom Kippur, dem heiligsten jüdischen Fest – und Feiertag des Jahres, den alle Juden zuhause verbringen, wollten die Nazis auch in Dänemark eine „Judenaktion“ durchführen. Duckwitz erkannte frühzeitig die Gefahr für das Leben der jüdischen Bevölkerung und konnte vor allem mit Hilfe dänischer Fischer ca. 6.500 Juden und ca. 1.370 so genannte Halbjuden nach Schweden retten. Letztlich wurden trotz aller Hilfsbereitschaft 472 Juden von der Gestapo aufgegriffen und ins KZ Theresienstadt verschleppt, 423 von ihnen überlebten. 1971 wurde Duckwitz von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als “Gerechter unter den Völkern” ausgezeichnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Duckwitz zunächst in Kopenhagen als Vertreter der westdeutschen Handelskammern. Bei der Neugründung des Auswärtigen Amtes wurde er Leiter der Wirtschaftsabteilung beim Generalkonsulat in Kopenhagen, ab 1953 Konsul in Helsinki. Im Jahr 1955 kehrte er als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland nach Kopenhagen zurück. 1958 wurde er Leiter der Ostabteilung des Auswärtigen Amtes in Bonn. Danach wechselte er auf den Posten des deutschen Botschafters in Indien nach Neu-Delhi. 1965 wurde er auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt. Durch seine Zeit als Leiter der Ostabteilung des Auswärtigen Amtes hatte er engen Kontakt zu Willy Brandt, dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin. Er teilte die Notwendigkeit einer neuen Ostpolitik. Als Brandt im Jahr 1966 Bundesaußenminister wurde, holte er 1967 Duckwitz als Staatssekretär in den aktiven Dienst zurück. Duckwitz arbeitete in dieser Position auch unter Walter Scheel. Nach dem Abschluss des Warschauer Vertrags über die deutsch-polnischen Beziehungen (Duckwitz war hier der Verhandlungsführer der Bundesrepublik Deutschland) trat er endgültig in den Ruhestand.

Er starb am 16. Februar 1973 und wurde auf dem Riensberger Friedhof in Bremen beigesetzt. In Vegesack wurde der „Kleine Markt“ in „Botschafter-Duckwitz-Platz“ umbenannt. 

Quelle: Bo Lidegaard: „Die Ausnahme. Oktober 1943. Wie die dänischen Juden mithilfe ihrer Mitbürger der Vernichtung entkamen.“ Blessing Verlag, München, ISBN 978-389667-510-1.

Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. November 2022

Ein Hinweis zu “Georg Ferdinand Duckwitz rettet tausende dänische Juden das Leben”

  1. Matuschewski, Barbara sagt:

    Als „Kriegs- und Flüchtlingskind“ habe ich im Flüchtlingslager Oxboel/Dänemark meine Kindheit verbracht
    und bin den Dänen unendlich dankbar für ihre humanitäre Hilfe und Asyl auch für die Deutschen, obwohl ihnen Nazi-Deutschland so viel angetan hat. .

    Im Rahmen der Ausstellung z. Zt. in der Unteren Rathaushalle
    „Europäischer Widerstand gegen den Nazismus“ bin ich auf Duckwitz wieder aufmerksam geworden, für mich eine schillernde Figur……

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