Karin Magnussen: Rassenforscherin unterrichtet am Gymnasium

Karin Magnussen_1958_Archiv Hans Hesse
15. Juli 1943
Hagenauer Str. 7, Bremen-Schwachhausen

Karin Magnussen wurde am 9. Februar 1908 in Bremen in einer gutbürgerlichen Künstlerfamilie geboren. Ihre Schulzeit verbrachte sie am Kippenberg-Gymnasium in Bremen-Schwachhausen. Nachdem sie während der Nazi-Herrschaft in Hannover und Berlin „wissenschaftlich“ tätig war, kehrte sie 1945 nach Bremen zurück und verstarb hier am 19. Februar 1997. Nach ihrer Rückkehr nach Bremen musste Magnussen zuerst „entnazifiziert“ werden. Sie wurde lediglich als „Mitläuferin“ eingestuft und anschließend als Biologielehrerin in den öffentlichen Dienst übernommen. Zuerst war sie als solche am damaligen Mädchengymnasium an der Karlstraße tätig, später wechselte sie zum Gymnasium an der Kurt-Schumacher-Allee in der Vahr.
Erschreckend ist, wie diese „Mitläuferin“, die promovierte Biologin war, trotz ihrer rassistischen „Forschungsarbeit“ und Verstrickung in den Mord an KZ-Häftlingen, dennoch später in Bremen als verbeamtete Lehrerin tätig werden konnte. Schon während ihrer Studienzeit in Göttingen war sie dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund beigetreten. Der NSDAP schloss sie sich 1931 an.
Ab 1935 ist sie im Rassepolitischen Amt in Hannover beschäftigt, später im „Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik“ in Berlin. In diesem Institut forscht sie insbesondere zur Augenfarbe und macht dazu Tests mit Kaninchen. Über Josef Mengele, den sie im Institut kennenlernt und der ab Mai 1943 Lagerarzt im KZ-Auschwitz-Birkenau ist, erhält sie die Möglichkeit, Augenexperimente an Menschen vorzunehmen. Dazu wählte sie insbesondere Mitglieder einer Sinti-Familie aus, die anschließend von Mengele ermordet wurden. Die Augen der Toten wurden anschließend an das Berliner Institut zu Händen Karin Magnussen geschickt. Eine ihrer Opfer ist vermutlich Lydia (oder Agata) Laubinger, die im Alter von 9 Jahren am 27. April 1944 ermordet wurde. Lydia’s Name befand sich auf der Untersuchungsliste der Magnussen. Sie gehörte mit ihrer Familie zu den Sinti aus Oldenburg, die Mai 1940 über die Zwischenstation „Schlachthof“ in Bremen nach Auschwitz deportiert wurde. Ihre Mutter sowie ihre drei Geschwister überlebten alle das KZ nicht.
Magnussen wurde bis zu ihrem Tod wegen dieser Experimente gerichtlich nie verfolgt, geschweige denn verurteilt. Nach ihrer Rückkehr nach Bremen bezog sie das Haus ihrer Eltern. Für beide schrieb sie eine Biografie.

Quelle: Hans Hesse „Augen aus Auschwitz“, Klartext Verlag

Veröffentlicht am und aktualisiert am 13. März 2023

Ein Hinweis zu “Karin Magnussen: Rassenforscherin unterrichtet am Gymnasium”

  1. Margarete Landes sagt:

    Eine Ungenauigkeit: Sie hat nicht die Schule gewechselt, die ganze Schule, das Gymnasium an der Karlstraße, zog um und wurde das Gymnasium a.d. Kurt-Schumacher-Allee.

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