Kurt A. Becher: von SS-Obersturmbannführer zum Wirtschaftsführer in Bremen

Bild zeigt Herrn Kurt A.Becher
Kurt-Becher
5. Juni 1940
Schwachhauser Heerstraße 180, Bremen

Kurt Becher wurde 1909 als Sohn eines Hamburger Kaufmanns geboren. Mit 22 wurde er Prokurist in der Getreidehandelsfirma Heins. 1934 trat er der Reiter-SS bei, 1937 der NSDAP. Zu Kriegsbeginn wurde er Zugführer einer SS-Reiterschwadron, die berüchtigt war für ihre Exekutionen in Warschau. Seine Einheit wurde 1941/42 zur Partisanenbekämpfung in den Pripjetsümpfen eingesetzt. In dieser Zeit ermordete seine Einheit 14.000 Juden.
Der Obersturmbannführer Kurt Andreas Ernst Becher wurde im SS-Hauptführungsamtes in Berlin zum außerordentlichen Vertrauensmann Himmlers. März 1944 sollte Becher in Budapest jüdisches Material und Vermögen sicherzustellen. Becher geriet hierüber mehr und mehr in Konflikt mit Adolf Eichmann, der die vollständige Deportation der ungarischen Juden ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau betrieb. Himmler aber brauchte jüdische Geiseln als Verhandlungsmasse für ein Separatabkommen mit den Westalliierten.

Becher gelang im Sommer die treuhänderische Übernahme des Schwerindustriekonzerns von Manfred Weiss zu erpressen. Mit einem der Konzerndirektoren, Dr. Franz Chorin, verhandelte er über die Überlassung der Mehrheitsanteile an das SS-Hauptführungsamtes gegen 600.000 Dollar. Bis auf fünf Geiseln erhielten 45 Mitglieder der Familie Weiss freies Geleit in die Schweiz bzw. nach Portugal. Becher gelang es im nächsten Schritt, gegen Schmuck im Wert von mehreren Millionen Schweizer Franken, für 1.684 Juden den Weg ins neutrale Ausland auszuhandeln. Sein Widersacher Eichmann forderte 10.000 LKWs und schickte diese Geiseln ins Austauschlager Bergen-Belsen. Der Menschenhandel mit dem Leben von einer Million Juden gegen 10.000 Lastwagen scheiterte an der Skepsis der Jewish Agency an der Echtheit des Angebots.
Über ihre Freilassung in die Schweiz verhandelte Becher dennoch über Rudolf Kasztner mit dem Vorsitzenden des Schweizer Israelitischen Gemeindebundes, Saly Mayer. SS-Standartenführer Kurt Becher entliess im April 1945 die Weiss-Direktoren Dr. Chorin,  Jünker und Bauer, die Barone Kornfeld und Eugen Weiss, ebenso wie Dr. Rudolf Kastner und Dr. Mosche Schwaiger in die Freiheit.

Kurt Becher stellte sich Mai 1945 den Amerikanern. Er wurde aufgrund von 55 eidesstattlichen Erklärungen jüdischer Betroffener, in erster Linie der Rudolf Kasztners, mit der Urkunde VI/2959 entnazifiziert. Obwohl nach eigenen Angaben mittellos aus dem Krieg wieder gekehrt, gelang Becher einen schnellen wirtschaftlichen Aufstieg.
Mit seinem Getreidegroßhandel in Bremen erwirtschaftete er ein Millionenvermögen. 1978 wurde er Aufsichtsrat der Hapag-Lloyd und gern gesehener Gast im Rathaus bei der Bremer Eiswette. Seine Ernennung in den Hapag-Lloyd-Vorstand konnte verhindert werden. Des „Reichsführers gehorsamster Becher“ verstarb August 1995.

1966 wurde in der DDR der DEFA Film „Lebende Ware“ vom Regisseur Wolfgang Luderer produziert, der sich mit dem Leben Kurt A. Becher und den Ereignissen in Budapest befasst.

Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. November 2022

Ein Hinweis zu “Kurt A. Becher: von SS-Obersturmbannführer zum Wirtschaftsführer in Bremen”

  1. Kurze sagt:

    Die Villa, sie stand zwischen Friedhof- und Emmastr., wurde um 2001 abgerissen.

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