KZ Bremen-Farge

Auf der Baustelle des Bunker „Valentin“ mussten Häftlinge des KZ schwerste Zwangsarbeit verrichten, 1944. Copyright: Denkort Bunker Valentin/LzpB, Foto: J. Seubert.
Auf der Baustelle des Bunker „Valentin“ mussten Häftlinge des KZ schwerste Zwangsarbeit verrichten, 1944. Copyright: Denkort Bunker Valentin/LzpB, Foto: J. Seubert.
Die Überreste des KZ-Bunkers auf dem ehemaligen Lagergelände, 2023. Foto: Anja Hasler
Die Überreste des KZ-Bunkers auf dem ehemaligen Lagergelände, 2023. Foto: Anja Hasler
1. Oktober 1943
Lagerstraße, Bremen

Im Oktober 1943 errichtete die SS in Bremen-Farge ein Konzentrationslager, um den Bau des Werftbunkers „Valentin“ mit Arbeitskräften zu versorgen. Der Bunker war eines der größten Rüstungsprojekte der Nationalsozialisten. In seiner unmittelbaren Umgebung befanden sich sieben unterschiedliche Lager für Zwangsarbeiter*innen.

Das KZ Bremen-Farge war ein Außenlager des KZ Neuengamme bei Hamburg . Um die deutsche Wirtschaft und die Rüstungsindustrie mit Zwangsarbeiter*innen zu versorgen, baute die SS das System dieser Außenlager ab 1942 gezielt aus. Sie befanden sich, wie auch in Bremen-Farge, in der Nähe von Baustellen oder Produktionsstätten. Gleichzeitig steigerte die SS die Belegung der Hauptlager, indem sie neue Häftlinge aus den besetzten Gebieten deportierte oder aus anderen Lagern und Ghettos überstelle. Hauptlager wie Neuengamme waren fortan überfüllt und der Nachschub an Arbeitskräften schien unerschöpflich. Dies wirkte sich negativ auf die Behandlung der Häftlinge in den Außenlagern aus, denn in den Augen der Lagerkommandanten waren sie ersetzbar. Das KZ Neuengamme hatte mindestens 86 Außenlager. Bremen-Farge war mit 3.000 männlichen Gefangenen eines der Größten.

Zuerst wurden polnische, sowjetische und deutsche Gefangene aus dem Hauptlager Neuengamme nach Bremen-Farge überstellt. Im Sommer 1944 traf ein großer Transport mit Häftlingen ein, die erst vor wenigen Wochen aus Frankreich nach deportiert worden waren. Unter ihnen befanden sich Menschen französischer, spanischer, griechischer und nordafrikanischer Herkunft. Die letzten Häftlinge wurden im Februar 1945 im aus dem KZ Sachsenhausen nach Bremen-Farge überstellt.

Untergebracht waren die Häftlinge des KZ Bremen-Farge in einem unterirdischen Bunker, der ursprünglich zur Lagerung von Treibstoff gebaut worden war, aber nie in Benutzung ging. #Verknüpfung Spur Marinetanklager Der Bunker hatte einen Durchmesser von 50m. Die Gefangenen schliefen dort auf mehrstöckigen Bettgestellen, waren extremen Temperaturen, Dunkelheit und einer hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Oberirdisch wurden einige Holzbaracken errichtet, in denen sich auch die Lagerküche, die Schreibstube und das Krankenrevier befanden. Eine dieser Baracken wurde aus Platzgründen auch als Häftlingsunterkunft genutzt; Doch die meisten Gefangenen mussten im Treibstoffbunker leben.

Die Häftlinge im KZ Bremen-Farge waren vollkommen entrechtet. In Tag- und Nachtschichten musste sie bis zu 12 Stunden täglich auf der Baustelle des Bunker „Valentin“ schwerste Zwangsarbeit verrichten. Die Ernährung war nicht ausreichend. Festgesetzte Rationen sollten Häftlinge am Leben erhalten, führten aber oft zu einem „langsamen Dahinschwinden des Körpers“.[1]  Regelmäßig wurden die Gefangenen Opfer von willkürlicher Gewalt und Misshandlungen durch das Wachpersonal. Auch mangelnde medizinische Versorgung und Hygiene erschwerten die Existenzbedingungen im Lager und führten zu ernsten Krankheitsverläufen. Mehr als 700 Häftlinge des KZ Bremen-Farge starben. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, weil die SS in den letzten Kriegstagen alle Unterlagen des Lagers vernichtete.

Am 10. April 1945 wurde das Lager geräumt und die Häftlinge wurden auf sogenannte Todesmärsche geschickt. Diese „Räumungsaktionen“ führte die SS im letzten Kriegsjahr durch, um eine Befreiung der Häftlinge zu verhindern. Die Gefangenen wurden mit der Bahn oder zu Fuß in anderen Lagern zusammengetrieben. Viele starben an Entkräftung oder wurden von den sie begleitenden Wachmannschaften getötet. Zum Zeitpunkt der „Räumung“ des KZ Bremen-Farge befanden sich dort 2.092 Gefangene und zusätzlich fast 2.000 Gefangene aus anderen Bremer Außenlagern. Ein Teil der Männer musste in das 60km entferne Kriegsgefangenenlager Sandbostel marschieren. Dort wurden sie mit anderen KZ-Häftlingen aus ganz Norddeutschland in einen  abgetrennten Teil eingesperrt und nicht mehr mit Nahrung oder anderen Gütern versorgt; 3.000 von etwa 9.500 Menschen überlebte diese Zustände nicht. Eine andere Gruppe von Häftlingen aus dem KZ Bremen-Farge wurde in das Hauptlager Neuengamme und danach weiter zur Lübecker Bucht gebracht, wo die SS sie auf die Schiffe „Cap Arcona“, „Thielbek“ und „Athen“ verteilte. Am 3. Mai wurden die „Cap Arcona“ und die „Thielbek“ von britischen Fliegern bombardiert, die nicht wussten, dass es sich um KZ-Schiffe handelte. Von etwa 7.000 Häftlingen haben nur wenige hundert diese Tragödie überlebt.

Der Bunker, in dem sich das KZ Bremen-Farge befunden hat, wurde nach dem Krieg gesprengt; Seine Ruinen sind heute von Pflanzen und Bäumen überwachsen.

Autor*in:  Redaktionsgruppe Spurensuche

[1]     Buggeln: Arbeit und Gewalt, S. 131.

Literatur:

Buggeln, Marc: Der U-Boot-Bunker „Valentin“. Marinerüstung, Zwangsarbeit und Erinnerung, Edition Temmen 2017.

Buggeln, Marc: Arbeit & Gewalt. Das Außenlagersystem des KZ Neuengamme, Wallstein-Verlag 2009.

Hertz-Eichenrode, Katahrina (Hg.): Ein KZ wird geräumt. Die Auflösung des KZ Neuengamme und seiner Außenlager durch die SS im Frühjahr 1945, Edition Temmen 2000.

Portefaix Raymond: L‘ enfer que Dante n’avait pas prévu, U.S.H.A. Impr. Moderne 1988, online in: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k3383601x.

Veröffentlicht am und aktualisiert am 1. November 2023

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