Bremer Schutzpolizist Johann Mechels wird zum Partisanenjäger

Johann Mechels - Passbild StAB 4,10
16 Exekutionsopfer von Trimunt (Marum)
16 Exekutionsopfer von Trimunt (Marum)
Ehrenmal für die Opfer der Geiselerschießung, Kirche Marum
Ehrenmal für die Opfer der Geiselerschießung, Kirche Marum
3. Mai 1943
Ottilie Hoffmannstr. 75, Bremen

Johann Gerhard Mechels wurde am 2. November 1897 in Ihrhove/Ostfriesland in einer Familie mit 17 Kindern geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er in verschiedenen Einheiten an der Westfront. Nach seiner Entlassung aus dem Heer schloss er sich 1919 dem Freikorps Caspari an, kurz nachdem sich dieses maßgeblich an der Niederschlagung der Bremer Räterepublik beteiligt hatte. Anschließend trat er in Bremen der Sicherheitspolizei bei, die inzwischen unter der Leitung von Oberst Walter Caspari, dem ehem. Freikorpsführer, stand.

November 1929 heiratet Mechels und bekommt mit seiner Frau zwei Kinder. Zu diesem Zeitpunkt verrichtet er seinen Dienst bei der kasernierten Schutzpolizei im Bereich Hafen und wird 1936 Leiter des Polizeireviers im Hafen. 1937 tritt er in die NSDAP ein und wird im September des gleichen Jahres zum Hauptmann befördert.

Mit der Eingliederung der Sudetengebiete beginnt der „auswärtige Einsatz“ von Mechels. Er ist dem Kommando der Schutzpolizei in Karlsbad zugeordnet und wird Kompaniechef im besetzten Böhmen und Mähren. Auch seine Familie siedelt von Bremen nach Karlsbad um. Über die Zeit von Mechels in Karlsbad ist nicht weiteres bekannt. 1941 wird er abgeordnet und ist bis Mai 1942 ein Jahr lang als Kommandeur der Reserve-Polizeikompanie Wien in Slowenien im Einsatz, das nach der Besatzung im April 1941 „germanisiert“ werden soll.
In der Region Sagorje, einem für die deutsche Kriegsmaschinerie wichtigen Kohlebergbaugebiet, wird Mechels im August/September 1941 zur Niederschlagung erster organisierter Widerstandsaktionen eingesetzt und anschließend dafür belobigt. Laut Selbstzeugnis setzt er im Kreis Cilje mit seiner Einheit die Umsiedlung von 12.000 Slowen:innen aus der Untersteiermark durch, kämpft gegen Partisan:innen und ist für den Tod von 456 Widerstandskämpfer:innen verantwortlich. Seine Einheit führt Geiselerschießungen aus und deportiert Familienangehörige der Exekutierten. Konkret ist die Exekution von 35 Geiseln am 21. Mai 1942 in Maribor bekannt. Offensichtlich hat Mechels einen guten Eindruck hinterlassen, denn seine Vorgesetzten schicken ihn zu einer Fortbildung für Hauptleute an die Polizei-Offiziersschule in Berlin-Köpenick.

November/Dezember 1942 leitet er einen Sondereinsatz der Ordnungspolizei in Warschau.

1943 wird Mechels zum Major befördert und übernimmt als Kommandeur das III. Bataillon im SS-Polizeiregiment „Todt“ 28. Ab Ende April/Anfang Mai ist er mit seinem Bataillon in den niederländischen Provinzen Friesland, Groningen und Drenthe stationiert, wo er als Bereichskommandeur die Niederschlagung des „April-Mai-Streiks“ durchsetzen soll. In den gesamten Niederlanden sind die Menschen in den Generalstreik getreten: Sie protestieren damit gegen einen Erlass, der alle niederländischen Angehörigen der besiegten Armee als Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit nach Deutschland beordert. Der Streik beginnt in einer Fabrik in Hengelo und verbreitet sich in Windeseile im ganzen Land, in die Bergwerke im Süden ebenso wie aufs Land. Dort wird er als „Milchstreik“ bekannt, da die Bauern sich weigern, die Milch abzuliefern. Die deutschen Besatzer reagieren mit aller Härte und führen das Standrecht ein. In den genannten Provinzen ist Mechels als Bereichskommandeur direkt Rauter unterstellt, dem obersten SS- und Polizeichef in Amsterdam. Seinen Sitz hat er zuerst im sog. „Scholtenhuis“ in Groningen, anschließend in Assen. In dieser Zeit, Anfang Mai 1943, ist Mechels verantwortlich für den Tod von insgesamt 56 Menschen und 15 Todesfällen nach Deportationen. Die Exekution von 16 Menschen aus Marum, darunter ein 13-jähriger und ein 17-jähriger Junge, hat er ohne standrechtliches Urteil eigenverantwortlich befohlen.
Anschließend wird Mechels, wie das ganze Regiment, nach Südfrankreich verlegt. Sein Bataillon wird in der Region Haute-Savoie zur Bekämpfung der Resistance und Überwachung der Hochalpengrenze eingesetzt. Von seinen bekannten Taten, sollen hier nur zwei beispielhaft benannt werden. In der Gemeinde Bernex lässt Mechels am 17. Dezember 1943 nach einem Gefecht fünf gefangen genommene Partisanen direkt vor dem Rathaus der Gemeinde foltern und sie anschließend exekutieren. Eine Kompanie seines Bataillons überfällt am 26. Dezember 1943 ein Fest im Schloss von Habère-Lullin und erschießt 25 Wehrdienstverweigerer und Widerstandskämpfer, die denunziert wurden. Hinzu kommen sechs Todesfälle nach Deportationen. Auch wurden durch eine Kompanie aus dem Bataillon von Johann Mechels Einsätze der Gestapo unter Führung von Klaus Barbie, dem „Schlächter von Lyon“,  begleitet.

Februar 1944 wird das Regiment in der Oberkrain in Jugoslawien eingesetzt um auch dort Partisanen zu bekämpfen. Johann Mechels hat nach den Einsätzen im Hochgebirge Probleme mit den Knien, ist „marschunfähig“ und kommt im Juni 1944 ins Lazarett in Ljubljana. Im Herbst 1944 ist Mechels wieder zurück in Bremen und zwar im Stab der Schutzpolizei.
Als April 1945 britische Truppen Bremen besetzen, wird er von diesen bis Februar 1946 in verschiedenen Lagern, nicht weit von Bremen entfernt, interniert. Als er daraus entlassen wird, ordnet die amerikanische Militärregierung allerdings seine Entlassung aus der Schutzpolizei in Bremen an. Mechels gilt als „belastet“. Für Niedersachsen ist dies allerdings kein Grund Mechels nicht einzustellen und so tritt er dort seinen Dienst bei der Verkehrspolizei in Aurich an.

Juni 1948 wird Mechels jedoch von seiner Vergangenheit beim Einsatz in den Niederlanden eingeholt. Nach einem Auslieferungsgesuch aus den Niederlanden wird er erneut interniert und Anfang 1949 an die Niederlande ausgeliefert. Als verantwortlicher Kommandeur wird Mechels am 3. Oktober 1949 wegen der Exekution der 16 niederländischen Menschen am 3. Mai 1943 in Trimunt von einem niederländischen Gericht in Groningen zu 20 Jahren Haft verurteilt. Fast zwei Jahre später wird die Strafe nach einem Berufungsverfahren auf 14 Jahre verkürzt. Durch darauffolgende Begnadigungen reduziert sich die Strafe weiter auf 9 Jahre und Mechels wird nach zwei Drittel der Haftzeit am 22. Dezember 1954 nach nur sechs Jahren aus der niederländischen Haft in Breda entlassen. Zum damaligen Zeitpunkt waren in Breda noch 52 deutsche Kriegsverbrecher inhaftiert, darunter auch drei Bremer. Einer von ihnen war der ehem. Bremer Kriminalkommissar Hans Stöver, der in den Niederlanden erster Kommandant des Internierungslagers bzw. „Schutzhaftlagers“ Schoorl war. Er wurde von einem niederländischen Gericht sogar zum Tode verurteilt, jedoch später begnadigt. Der Kompaniechef Johannes Lottmann, der Johann Mechels in Frankreich 1943/44 direkt unterstellt war, wurde 1952 in Frankreich als Verantwortlicher für das Massaker von Habère-Lullin in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Ein Gerichtsverfahren in der BRD folgte allerdings erst Jahrzehnte später und wurde 1981 eingestellt.

Mechels war wahrscheinlich auf Grund seiner Jugend in Ostfriesland, im deutsch-niederländischen Grenzgebiet der niederländischen Sprache mächtig. Die 16 Menschen, für deren Erschießung in Trimunt er nach dem Krieg in den Niederlanden verurteilt wurde, gehörten derselben Evangelisch-Altreformierten Kirche an wie er. Nach seiner Entlassung zieht Mechels zurück nach Bremen in Schwachhausen. Mechels bemüht sich nach seiner Rückkehr vergeblich in Niedersachsen und Bremen um eine Wiedereinstellung im öffentlichen Dienst. Deutsche Ermittlungsverfahren wegen seiner Verbrechen in den Niederlanden verlaufen im Sande. Als Rentner übt Mechels in Bremen verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten aus, u.a. im Reichsbund, im Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge sowie in der evangelischen Kirche.
Johann Mechels verstarb 1978 und wurde in Ihrhove beerdigt.

 

Quellen: Diese „Spur“ beruht auf den Recherchen von Karl Schneider,  veröffentlicht im Jahr 2011 im Buch: „Auswärts eingesetzt–Bremer Polizeibataillone und der Holocaust“ im Klartext-Verlag. Außerdem aus dem niederländischen Buch „Staken op leven en dood“ von Erik Dijkstra und Hans Morssinkhof (Meulenhof Verlag, 2023).
Daneben war das Buch „Deutsche und holländische Polizei in den besetzten niederländischen Gebieten (Villa ter Hompel, Münster, 2002) hilfreich.
Buch: „Die deutsche Ordnungspolizei im westlichen Europa 1941-1845“ von Wolfgang Curilla (Verlag Ferdinand Schöningh 2020).
Buch (Niederländisch): „Op en onbekende plaats begraven“ von Truus de Witte (Niekerk 2021).
Das Archiv der Republik Slowenien hat auf seiner Website ein Dokument von Johann Mechels publiziert, in dem er um eine schriftliche Anerkennung für seine „Verdienste“ bittet.
Recherchen im Staatsarchiv Bremen, Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, Bundesarchiv Koblenz und Archiv der Republik Slowenien.

 

Veröffentlicht am und aktualisiert am 6. März 2024

Ein Hinweis zu “Bremer Schutzpolizist Johann Mechels wird zum Partisanenjäger”

  1. Jan Cees ter Brugge sagt:

    Mechels was in april, may 1943 in Groningen (Scholtenhuis) Holland . He was the most high commander in the province Groningen, Friesland and Drente, above Haase (SD leader Groningen). His regiment Todt had several Kroatian soldiers.

  2. Peter sagt:

    Ich hoffe Johann Mechels brennt im Hölle!

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