Flugzeugbaufirma Focke-Wulf lässt Zwangsarbeiter schuften

Condor auf dem Neuenlander Feld
Focke Wulf Fabrikationshalle, um 1932
1. April 1933
Neuenländer Feld (heute Airbus Gelände), Bremen (beim Flughafen)

1923 wird auf dem Neuenlander Feld, dem heutigen Flugplatzgelände in der Bremer Neustadt, die Bremer Flugzeugbau AG gegründet. Diese wird nur wenige Monate später, im Januar 1924, umbenannt in Focke-Wulf Flugzeugbau AG. Das Kapital zur Gründung hatte maßgeblich der Tabakkaufmann Otto Bernhard eingesammelt. Aktionär war u. a. Ludwig Roselius, der Gründer der Kaffee HAG.
Der Erfolg der Firma war vor allem der guten Zusammenarbeit der beiden Konstrukteure Georg Wulf und Henrich Focke sowie dem kaufmännischen Geschick von Werner Naumann zu verdanken. Trotz der Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg im Versailler Vertrag auferlegten Verbote zur Rüstungsproduktion experimentieren beide schon den Bau von neuen Flugzeugen. Unter Druck der Reichsregierung musste Focke-Wulf 1931 mit dem Berliner Unternehmen Albatros fusionieren.

Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernahmen, waren Wulf und Focke bereits nicht mehr in der Firma tätig. Am 29. September 1927 war Wulf bei einem Flugzeugunfall ums Leben gekommen und Focke stieg April 1933 aus der Verantwortung bei seiner Firma . Die Firma existierte jedoch weiter unter dem Namen Focke-Wulf, zuerst noch als AG, 1936 als GmbH. Hauptverantwortlicher Konstrukteur war nun Kurt Tank, während Werner Naumann weiterhin die kaufmännische Leitung inne hatte. In den Jahren 1933–1945 expandierte die Firma gewaltig. 1939 besuchte der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, das Werk in Bremen. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Werk fast 10.000 Beschäftigte. Noch während des Krieges wurde Focke-Wulf mit der Weser Flugzeugbau GmbH, ein Betrieb der AG Weser, zusammengelegt, in Bremen besser bekannt unter dem Namen Weserflug.

Die von Focke-Wulf ursprünglich als Passagierflugzeug konstruierte „Condor“ wurde von der deutschen Luftwaffe während des Zweiten Weltkrieges u. a. als Truppentransporter, Seeaufklärer und als Flugbomber eingesetzt. Außerdem baute die Firma Jagdflugzeuge, wie die „Falke“ und „Moskito“ sowie Aufklärer.

Die Expansion der Flugzeugproduktion machte die Ausweitung des Personalbestandes notwendig. Neue Werke wurden in Hastedt und Hemelingen eingerichtet. Aus ganz Deutschland versuchte man Arbeitskräfte anzuwerben, die man u. a. mit günstigen Wohnungen nach Bremen zu locken versuchte. 1938 entstand beispielsweise die Siedlung Grolland sowie insbesondere 1938/1939 das Siedlungsvorhaben Auf dem Beginenlande in Kattenturm. Interessanterweise ist  an der Siedlung Auf dem Beginenland zu erkennen, in welchem Geist das Bauvorhaben anfänglich gestanden hat: aus der Vogelperspektive ist deutlich die SS-Rune zu erkennen, die sich aus den Hausdächern der beiden Straßenseiten ergibt.

Als jedoch im Verlaufe des Krieges immer mehr männliche deutsche Arbeitskräfte zur Armee eingezogen wurden, forderte Focke-Wulf an ihrer Stelle ausländische Zwangsarbeiter an. Unter ihnen waren sowohl sowjetische wie französische Kriegsgefangene, aber auch Zivilkräfte aus Westeuropa, die gezwungenermaßen von ihrer heimischen Arbeitsamtsverwaltung nach Deutschland geschickt wurden. Ähnliches gilt auch für die Zuliefererbetriebe des Flugzeugbauers, wie die Firma Theodor Klatte in Huchting oder die Francke Werke am Reedeich. Viele dieser Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen waren untergebracht in den Lagern in und bei der ehemaligen Hindenburg Kaserne in Huckelriede. Über den Kirchweg mussten sie zu Fuß zum Neuenlander Feld marschieren. Auf dem Neuenlander Feld selbst wurde ein Lager für französische Kriegsgefangene eingerichtet.

Juni 1940 war die Focke-Wulf GmbH erstmals gezielt von alliierten Bombenangriffen betroffen, die später fortgesetzt wurden und größere Schäden anrichteten. Daraufhin wurde die Flugzeugentwicklung und -produktion teilweise in den Osten verlagert. Häufig galten die Angriffe jedoch nicht nur dem Werk, sondern auch die Wohnhäuser der benachbarten Neustadt wurden getroffen. Die Bomben sollten eine demoralisierende Wirkung auf die hiesige Bevölkerung haben.

Quelle: H. Schwarzwälder, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen, Band IV „Bremen in der NS-Zeit (1933 – 1945)“
Bildmaterial: Staatsarchiv Bremen

Veröffentlicht am und aktualisiert am 7. April 2024

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