Bruno Nette, Judenreferent der Gestapo

Bruno Nette in alliierter Internierungshaft 1945
Bruno Nette Tante Mieze Kirchbachstraße 17 c 1942
29. April 1945
Kirchbachstr. 17c, Bremen

Bruno Nette wird am 22. Dezember 1887 in Eisleben geboren. Mit seiner ersten Frau Theda, mit der er drei Söhne hat, wohnt er längere Zeit in der Ruhrstraße 13, im Arbeiterviertel „Klein Mexiko“ in Bremen-Hastedt.

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg tritt Nette der Bremer Schutzpolizei bei. Er nimmt am 1. Weltkrieg teil, wird vor allem an der Ostfront eingesetzt, zuletzt  sogar bei der Geheimen Feldpolizei, einer Art Nachrichtendienst der damals noch Kaiserlichen Reichswehr. In dieser Zeit wird wohl auch sein preußisch-wilhelminisches Obrigkeitsdenken geprägt, verbunden mit einer tiefen Ablehnung sozialistischen Gedankenguts. Er schließt sich dem rechts-konservativen „Kyffhäuser-Bund der deutschen Landes-Krieger-Verbände“ an.

Nach dem 1. Weltkrieg wird Nette in Bremen wieder Schutzmann, wechselt 1920 zur Kripo. Die Bremer Polizei war inzwischen vom Polizeioberst Walter Caspari militärisch geprägt umorganisiert worden.

Nach seiner Scheidung von Theda zieht Nette 1935 mit seiner zweiten Frau Marie Christine (geb. Lampe) nach Vegesack in die Kimmstraße 1.
Am 1. Mai 1937 wird er Mitglied der NSDAP und zeitgleich auch der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt). In Vegesack nimmt er als Kriminalpolizist im Auftrag der Bremer Gestapo an der Verfolgung der Juden in seiner Nachbarschaft teil. Am 9. und 10. November 1938 ist er indirekt an der Reichspogromnacht beteiligt, in der u.a. der jüdische Handwerker Leopold Sinasohn in Bremen-Lesum von der SA ermordet wird.

1940 wird Nette auf eigenen Wunsch zur Gestapo am Wall 199 in Bremen versetzt, zuerst in das Referat „Arbeitssabotage und Spionageabwehr“. Er zieht zurück nach Bremen in die Kirchbachstraße 17c. Von 1941 bis Oktober 1943 und von November 1944 bis zu seiner Verhaftung in April 1945 ist Nette „Judenreferent“ der Gestapo in Bremen. In dieser Funktion ist er einer der Hauptverantwortlichen für die Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung in Bremen und im Regierungsbezirk Stade. Nur ganz wenige werden diese Deportationen überleben, die meisten von ihnen werden in den Ghettos von Minsk und Theresienstadt oder in den Vernichtungslagern von Auschwitz und Treblinka ermordet, verüben Selbstmord oder sterben an den Folgen der Haft.

Am 29. April 1945 wird Nette von den Briten verhaftet. Sie internieren ihn in einem Lager in Fallingbostel. Am 2. Februar 1948 wird Nette in das Internierungslager Riespott auf dem Gelände der Norddeutschen Hütte überstellt, ehemals ein Kriegsgefangenenlager und eine  KZ-Außenstelle. In Bremen wird er angeklagt. Die 1. Spruchkammer in Bremen stuft den „Judenreferenten“ von Bremen, Bruno Nette, im März 1949 jedoch lediglich als „Belasteten“ ein. Er verlässt den Gerichtssaal als freier Mann, geht aber in Berufung. Selbst bezeichnet er sich als „Judenfreund“. Am 20. September 1949 wird Nette nur noch als „Minderbelasteter“ eingestuft. Seine Pensionsansprüche bleiben ihm damit großenteils erhalten. Mit dem „Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung“  in Bremen (4. April 1950) wird er am 23. Juni 1950 sogar zum „Mitläufer“ erklärt.

1960 verstirbt Bruno Nette, der Judenreferent von Bremen, im Krankenhaus. Abgesehen von den vier Jahren, die er in Internierungslagern verbracht hat, und einer kleinen Pensionskürzung, wird er nicht für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung gezogen. Beerdigt wird er auf dem Riensberger Friedhof.

Quelle: Bernard Nette beschreibt 2017 ausführlich den Werdegang seines Großvaters Bruno Nette im Buch „Vergesst ja Nette nicht! – Der Bremer Polizist und Judenreferent Bruno Nette“, VSA: Verlag Hamburg.

Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. November 2022

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